Überblick Oravita

Ergste, Januar 2002.

 

 

Als 1990 die Schreckensbilder der Todesheime für rumänische Kinder – vom Ceausescuregim eingerichtet und geheim gehalten - per Television um die Welt gingen, war die Betroffenheit im westlichen Europa groß und viele Menschen fühlten sich angesprochen, spontan zu helfen

Alle karitativen Hilfsorganisationen setzten sich in Bewegung, materielle und finanzielle Spenden wurden von unerwartet vielen Helfern und Helferinnen verteilt.

Auch Kollegen/innen im Fachbereich Sozialpädagogik, der Fachhochschule Dortmund fühlten sich angesprochen, zumal sich deutsche Studenten/innen, aus Rumänien ausgesiedelt, spontan für aktive Einsätze in gezeigten Heimen, meldeten.

So besuchte Brigitte Schweppe (eine Dozentin der FH Fb. Sozialpädagogik) und eine aus Rumänien gebürtige Studentin Ileana Nino schon im Juni 1990 mit Hilfsorganisationen aus NRW einige der „Schreckensheime“. Sie entschieden, ein kleines, abseits des Ortes Oravita gelegenes Kinderheim, nah der damaligen jugoslawischen Grenze, zu unterstützen.

Dieses Heim wurde, wie viele andere auch, mit Spendengeldern saniert, ein Brunnen mit Wasserleitungen gebaut, Toiletten und Heizungen installiert und die technischen Räume mit westlichem "Know how" versehen.

Alle Veränderungen, die finanziell und baulich machbar waren, brachten für die total vernachlässigten Kinder eine positive wende. Sehr viel schwieriger sind die Einstellungen über das "unwerte Leben der Behinderten" in den Köpfen vieler Bürger des Landes abzubauen

So blieben viele Heime bis heute "totale Institutionen" mit allen negativen Auswirkungen. Jährlich versuchen Studenten/innen des Fachbereichs Sozialpädagogik während ihres 10-wöchigen Praktikums im 2. Studienabschnitt, mit kleinen pädagogischen Schritten, immer in Kooperation) mit den Mitarbeitern/innen vor Ort, die vergitterten Fenster und Türen zu öffnen, um die Welt mit ihrer Realität hinein und die Kinder hinaus zu lassen.

Diese vorbildlich pädagogische Arbeit lässt erkennen, dass durch vertrauensbildende Maßnahmen „offene Programme" machbar werden und die „Verwahrkultur" eines Tages enden wird.

Trotzdem wird nach 11järigem Einsatz der FH Studenten/innen „freies Spielen" von den rumänischen Erziehern/innen im Kinderheim Oravita mit den behinderten Kindern nicht durchgeführt. Ein weiteres, längst absehbares Problem sind die heranwachsenden Jugendlichen, die bis zum 18. Lebensjahr im Kinderheim bleiben können, auf ein selbständiges Leben aber nicht vorbereitet, an Altenheime weitergereicht werden oder nach ihrer Entlassung einer kriminellen Szene ausgeliefert sind.

Durch Verdrängung, fortwährenden Wechsel der Zuständigkeiten, Verwirrungen in der politischen Hierarchie und Verzögerungen der Geldmittel würden die echten Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen bis heute nicht angemessen berücksichtigt.

Eine Ton-Dia-Show „Die verlorenen Kinder", 1998 von Studenten erstellt, zeigt medial gut aufbereitet, die ins Abseits gedrängten Kinder und Jugendlichen und pädagogische Hilfsaktionen.

Der Zuschauer nimmt tiefe Eindrücke über Mitmenschen, die am Rande des Überlebens stehen und dennoch fröhlich sein können, mit nach Hause.

Es wird sich Nachdenklichkeit über die eigene, am Konsum orientierte Gesellschaft, einstellen.

Als im Januar 2001 ein behinderter rumänischer Jugendlicher aus dem Kinderheim von Oravita nach Ergste kam, mit Hilfe des Schwerter Marienhospitals und der Ärzte in den Städtischen Krankenanstalten Dortmund operiert wurde, bekamen alle „verlorene Kinder“ über Vasile Popa wieder ein Gesicht. Im Dezember letzten Jahres kehrte Vasile in „sein" Kinderheim wieder zurück.

Die 6 Studentinnen die zurzeit vor Ort sind versuchen an die sozialpädagogische Arbeit anzuknüpfen und helfen bei der Einrichtung einer „Außenwohngruppe“ für 5 – 6 Jugendliche im Ciclova einem von Oravita 3 Km entfernt gelegenem Dorf.

 

Brigitte Schweppe